Die Entschlüsselung der Zellgeheimnisse: Ein neuer Ansatz in der Krebsforschung
Seit über 400 Jahren versuchen Wissenschaftler, die menschliche Zelle zu kartieren. Trotz der enormen Fortschritte in der Mikroskopie bleiben viele Bestandteile der Zelle unerforscht. In diesem Artikel werfen wir einen Blick auf eine bahnbrechende Studie, die nicht nur neue Funktionen von Proteinen aufdeckt, sondern auch einen umfassenden Einblick in die Architektur von U2OS-Zellen gibt, die mit kindlichen Knochentumoren in Verbindung stehen.
Eine neue Dimension der Zellkartierung
Leah Schaffer, Ph.D., Postdoktorandin an der UC San Diego School of Medicine, und ihr Team, in Zusammenarbeit mit Forschern der Stanford University, der Harvard Medical School und der University of British Columbia, haben eine umfassende, interaktive Karte von U2OS-Zellen erstellt. Diese Karte kombiniert hochauflösende Mikroskopbilder und biophysikalische Interaktionen von Proteinen, um die subzelluläre Architektur und Proteinversammlungen in der Zelle zu kartieren.
Die Studie, die am 9. April 2025 in „Nature“ veröffentlicht wird, enthüllt bisher unbekannte Protein-Funktionen und hilft Forschern zu verstehen, wie mutierte Proteine zu Krankheiten wie Kindheitskrebs beitragen (Schaffer et al., 2025). Dieses Wissen ist entscheidend, da es als Referenz für die Entwicklung von Karten anderer Zelltypen dient.
Techniken und Entdeckungen
Durch die Verwendung einer Technik namens Affinitätsreinigung isolierten die Forscher einzelne Proteine und dokumentierten ihre Interaktionen mit anderen Proteinen. Zusätzlich analysierten sie über 20.000 Bilder des Zellinneren, die mit fluoreszierendem Farbstoff markiert wurden, um die Standorte von Proteinen von Interesse aus dem Human Protein Atlas hervorzuheben. Die Kombination dieser Daten für mehr als 5.100 Proteine offenbarte 275 unterschiedliche Proteinversammlungen verschiedener Größen innerhalb der U2OS-Zellen.
Emma Lundberg, Ph.D., Mitantragstellerin der Studie und Associate Professor für Bioengineering und Pathologie an der Stanford University, betont die Bedeutung der multimodalen Datenintegration zur Aufdeckung multifunktionaler Eigenschaften von Proteinen (Lundberg et al., 2025).
KI in der Proteinforschung
Ein weiterer revolutionärer Aspekt dieser Studie ist der Einsatz von Künstlicher Intelligenz. Das Team nutzte GPT-4, ein großes Sprachmodell ähnlich ChatGPT, um die Funktion einzelner Proteine und ihre Zusammenarbeit in Proteinversammlungen zu analysieren. Dieser KI-basierte Ansatz, kürzlich in „Nature Methods“ veröffentlicht, ermöglichte es den Forschern, in kürzester Zeit Erkenntnisse zu gewinnen, die sonst viel länger gedauert hätten.
Das große Bild und seine Implikationen für die Krebsforschung
Durch die Lokalisierung mutierter Proteine auf der Zellkarte identifizierten die Forscher 21 Versammlungen, die häufig in kindlichem Krebs mutiert sind. Innerhalb dieser Gruppen wurden 102 mutierte Proteine gefunden, die stark mit der Krebsentwicklung in Verbindung stehen. Trey Ideker, Ph.D., Mitautor und Professor für Medizin, betont die Notwendigkeit, sich von der Betrachtung einzelner Mutationen zu lösen und stattdessen das gemeinsame Maschinenwerk innerhalb von Zellen, das durch diese Mutationen gestört oder gekapert wird, in den Fokus zu rücken.
Fazit
Die Kartierung der U2OS-Zellen öffnet nicht nur neue Wege im Verständnis von Kindheitskrebsen, sondern bietet auch eine Blaupause für Wissenschaftler, die andere Zelltypen kartieren möchten. Diese Forschung unterstreicht die Bedeutung der Integration verschiedener Daten und den Einsatz fortschrittlicher Technologien wie der Künstlichen Intelligenz, um die Funktionsweise von Proteinen und Protein-Komplexen zu entschlüsseln und die Mechanismen hinter einer Vielzahl von Krankheitsprozessen zu verstehen. Dieser Ansatz könnte letztendlich dazu beitragen, präzisere Behandlungsstrategien für eine Reihe von Krankheiten zu entwickeln, indem er ein tieferes Verständnis der zellulären und molekularen Grundlagen liefert.