Entzündungen verwandeln Mitochondrien in “toxische Kraftwerke”

Entzündungen verwandeln Mitochondrien in "toxische Kraftwerke"

Entzündungen & Mitochondrien

Zu lernen, wie man Entzündungen kontrolliert, könnte enorme Auswirkungen auf die Behandlung vieler Krankheiten haben. Jüngste Forschungen zeigen, wie Makrophagen die Mitochondrien in giftige, chemisch-produzierende Entzündungsförderer verwandeln.

Entzündungen spielen eine wichtige Rolle bei einer Reihe von schweren Erkrankungen. Die Bemühungen, sie zu verstehen und zu kontrollieren, dauern an.

Eine Entzündung ist der Versuch des Körpers, sich vor schädlichen Reizen zu schützen. Beispielsweise hilft eine Entzündung nach einem Schlag auf das Knie, weitere Schäden zu verhindern. Sie hat sich zu einem wesentlichen Bestandteil unseres Immunsystems entwickelt.

Während der Erkrankung kann die Entzündungsreaktion jedoch schief gehen und zu Schäden am gesunden Gewebe führen. Dies ist ein starker Mechanismus, der streng kontrolliert werden muss.

So sind beispielsweise entzündliche Darmerkrankungen, Arthritis und septischer Schock mit einem hohen Grad an schlecht kontrollierter Entzündung verbunden.

Tatsächlich können Entzündungen Krankheiten und Zustände wie Heuschnupfen, Parodontitis und einige Krebsarten hervorrufen.

Makrophagen und Entzündungen

Makrophagen (was “große Fresser” bedeutet) sind eine Art weiße Blutkörperchen, die Zelltrümmer und Fremdstoffe verschlingen und verdauen. Diese biologischen Mülleimer marodieren innerhalb und zwischen den Zellen im ganzen Körper und zerstören dabei Krankheitserreger.

Neben ihrer Vorliebe für Mikroben und andere Eindringlinge spielen sie eine wesentliche Rolle bei der Steuerung der Immunantwort. Makrophagen stimulieren das Immunsystem und helfen, es bei Bedarf zum Handeln aufzurufen.

Als Teil dieser Rolle sind Makrophagen als entzündungsfördernd bekannt. Ist jedoch die Zeit gekommen, dass die Entzündungsreaktion aufhört, wechseln sie die Rollen, unterdrücken die Entzündung und beschäftigen sich mit der Reparatur von beschädigtem Gewebe.

Ein Team von Wissenschaftlern der Inflammation Research Group am Trinity College Dublin in Irland hat sich mit Forschern der Medical Research Council Mitochondrial Biology Unit in Großbritannien zusammengeschlossen.

Diese beiden Institutionen haben sich mit weiteren sieben Institutionen in ganz Europa zusammengeschlossen, um die Rolle der Makrophagen bei Entzündungen neu zu beleuchten. (1)

Die Mitochondrien haben ihre Rollen gewechselt

Die Forscher fanden heraus, dass die Zellen in der Anfangsphase der Makrophagenreaktion die Aktivität der Mitochondrien verändern.

Mitochondrien werden oft als “Kraftwerk” der Zelle bezeichnet. Sie sind in fast allen Zelltypen vorhanden und erzeugen den überwiegenden Teil der Zellversorgung mit Adenosintriphosphat (ATP) – der primären chemischen Energiequelle in den Zellen.

Während der Entzündungsphase wurden Makrophagen gefunden, die die Energieproduktion der Mitochondrien stoppen und sie auf die Produktion toxischer Verbindungen umstellen, die die Entzündung weiter verstärken.

“Mitochondrien sind als die wichtigsten Energiegeneratoren in unseren Zellen bekannt. Aber wir fanden heraus, dass sie während einer Entzündung von dieser Rolle zur Herstellung toxischer Produkte aus Sauerstoff über ein Enzym namens Succinat-Dehydrogenase wechseln, das die Entzündung fördert”, so die Wissenschaftler.

Diese Veränderung der Enzymaktivität erhöht gezielt die Produktion von mitochondrialen reaktiven Sauerstoffspezies, die in hohem Maße Zellstrukturen schädigen können.

Die Succinat-Dehydrogenase ist am Prozess der Energiegewinnung in den Mitochondrien beteiligt, spielt aber auch eine Rolle bei der Tumorsuppression und ist damit ein Enzym, das für medizinische Forscher interessant ist.

Neues Fachgebiet: Immunstoffwechsel

Die Wissenschaftler hoffen, dass dieses neue Wissen ihnen helfen könnte, Interventionen zu generieren, die diese toxische Reaktion dämpfen. Wenn es in irgendeiner Weise kontrolliert werden kann, können Gewebeschäden minimiert werden.

Die Co-Autorin Dr. Beth Kelly sagt: “Wenn wir diesen Prozess verhindern, wird aus den Makrophagen eine gutartige entzündungshemmende Zelle, und wenn wir einen Weg finden, die Makrophagenreaktion zu vermitteln, können wir die Entzündung vielleicht vorzugsweise beruhigen.”

Diese Forschung trägt zu einem neuen und schnell wachsenden Fachgebiet, dem so genannten Immunstoffwechsel, bei.

Diese Fachrichtung befasst sich mit der Schnittstelle zwischen dem Immunsystem und den Stoffwechselreaktionen bei Krankheiten und will unter anderem ein tieferes Verständnis der enormen Komplexität von Entzündungen schaffen.

Das Endziel des Immunstoffwechsels ist es, neue therapeutische Ansätze zu entwickeln, die bei der Behandlung von schwer behandelbaren Krankheiten helfen könnten.


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